Page 33 - FM_OL_1-2025_FLIPBOOK
P. 33
an die eigene Antwort zu denken. ken zu sortieren oder Gefühle bewusst Offene Haltung einnehmen
Wirkliches Zuhören erfordert präsente wahrzunehmen. Wer diesen Moment Verschränkte Arme oder ein abgewand-
Wahrnehmung: Blickkontakt, Kör- aushält, ohne ihn hastig zu überbrücken, ter Blick schaffen Distanz. Eine offene,
persprache, Tonfall und selbst kleinste zeigt echtes Interesse und gibt dem leicht nach vorn geneigte Körperhaltung
Signale spielen eine Rolle. Gegenüber die Möglichkeit, noch etwas zeigt Interesse.
hinzuzufügen. Manchmal sind es genau
Doch auch unbewusste Gewohnheiten diese ruhigen Augenblicke, in denen das Nicht ins Wort fallen
können Gespräche stören. Ein unge- Wichtigste gesagt wird. Statt die eigene Antwort vorzubereiten,
duldiges Tippen mit den Fingern, der bewusst zuhören und eine kurze Pause
rasche Blick aufs Handy oder eine Schwierige Gespräche meistern lassen. So fühlt sich das Gegenüber
abwesende Miene senden subtile Bot- wirklich gehört.
schaften, die das Gespräch beeinflussen. Manchmal ist Zuhören eine echte Her-
Wir nehmen intuitiv wahr, ob unser ausforderung – etwa bei Konflikten oder Interesse zeigen
Gegenüber wirklich bei uns ist. emotional aufgeladenen Themen. Hier Ein Nicken, ein „Aha“ oder „Verstehe“
hilft es, bewusst innezuhalten, tief durch- signalisiert Aufmerksamkeit und ermu-
Zuhören in der digitalen Welt zuatmen und den anderen ausreden zu tigt zum Weitererzählen.
lassen, ohne sofort zu reagieren. Falls
Auch digitale Gespräche brauchen echtes nötig, kann man eine kurze Pause ein- Das Gesagte aufgreifen
Zuhören. In Video-Calls oder Sprach- legen oder nachfragen: „Wie hast du das Ein einfaches „Also du meinst, dass ...?“
nachrichten fehlen oft Mimik und Ges- genau gemeint?“ So bleibt das Gespräch oder „Wenn ich dich richtig verstehe ...?“
tik – Missverständnisse entstehen leich- respektvoll und offen – selbst wenn die hilft, Missverständnisse zu vermeiden.
ter. Hier sind kleine Signale besonders Meinungen unterschiedlich sind.
wichtig: bewusst nicken, kurze Bestäti- Offene Fragen stellen
gungen geben oder nachfragen, wenn Zuhören ist auch Selbstfürsorge Fragen wie „Wie war das für dich?“ oder
etwas unklar ist. Statt nebenbei E-Mails „Was genau hat dich dabei bewegt?“
zu checken, hilft es, sich wirklich auf das Gutes Zuhören bedeutet, für andere da vertiefen das Gespräch und zeigen echtes
Gespräch zu konzentrieren. Denn auch zu sein – aber auch, auf sich selbst zu Interesse.
durch den Bildschirm spürt man, ob achten. Manche Gespräche sind emoti-
jemand mit vollem Herzen dabei ist. onal fordernd, besonders wenn es um Mehr wahrnehmen als Worte
schwierige Themen geht. Wer sich nur Körpersprache verrät oft mehr als das
Geduld und innere Ruhe – die auf das Gegenüber konzentriert und die Gesagte. Wer darauf achtet, versteht sein
Grundlage echten Zuhörens eigenen Grenzen nicht beachtet, kann Gegenüber besser.
schnell erschöpft oder überfordert sein.
Zuhören erfordert mehr als Interesse – Geduld haben und einfach da sein
es braucht Geduld und innere Ruhe. Das Es ist wichtig, die eigene Energie im Nicht immer braucht es eine Lösung
bedeutet, dem anderen Zeit zu lassen, Blick zu behalten. Nicht jedes Gespräch oder einen Ratschlag. Manchmal reicht
ohne zu unterbrechen oder vorschnell muss sofort geführt werden. Manchmal es, zuzuhören und den Moment bewusst
zu reagieren. Gute Zuhörer fassen das hilft es, bewusst eine Pause einzulegen wahrzunehmen.
Gehörte hin und wieder zusammen oder oder klar zu kommunizieren: „Ich möch-
geben es in eigenen Worten wieder. Das te dir aufmerksam zuhören, aber gerade Raum für Stille lassen
zeigt Aufmerksamkeit und ermöglicht brauche ich einen Moment für mich. Manchmal braucht es Zeit, um Gedan-
dem Gesprächspartner, Unklarheiten Können wir später weitersprechen?“ Das ken zu formulieren. Wer Stille aushält,
zu präzisieren. So entsteht Vertrauen – ist kein Zeichen von Desinteresse – im gibt dem anderen die Möglichkeit, sich
denn es geht nicht nur darum, Worte zu Gegenteil. Nur wer selbst Kraft hat, kann in Ruhe auszudrücken.
hören, sondern den Menschen dahinter auch wirklich präsent sein.
wirklich zu verstehen. Nicht bewerten
Zuhören ist eine Balance zwischen Kommentare wie „Das ist doch nicht so
Die Kraft der Stille – warum Empathie und Selbstfürsorge. Wer schlimm“ können das Gefühl vermitteln,
Pausen im Gespräch wichtig sind sich selbst mitfühlend behandelt, kann nicht ernst genommen zu werden. Besser
anderen mit der gleichen Offenheit ist es, nachzufragen: „Was hat das in dir
Zuhören heißt nicht, ein Gespräch stän- begegnen. ausgelöst?“
dig am Laufen zu halten. Oft entsteht
der Druck, eine Pause sofort zu fül- Richtig zuhören – so klappt’s
len – mit einer schnellen Antwort, einer
weiteren Frage oder einer eigenen Ge- Wirklich da sein Ariane Ohlhoff, Ihre Expertin für indivi-
schichte. Doch Stille hat eine wichtige Handy weg, Blickkontakt halten, sich duelles Coaching und maßgeschneiderte
Funktion: Sie gibt Raum zum Nachden- zuwenden – das zeigt: „Ich bin bei dir.“ Schulungen in der Region Oldenburg &
ken und lässt das Gesagte wirken. Wer abschweift oder auf die Uhr schaut, Bremen
Gerade in tiefgehenden Gesprächen lässt sein Gegenüber spüren: „Du bist
kann eine kurze Pause helfen, Gedan- gerade nicht wichtig.“ www.coaching-ohlhoff.de
familienmagazin | Frühjahr 2025 33