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an die eigene Antwort zu denken.    ken zu sortieren oder Gefühle bewusst   Offene Haltung einnehmen
        Wirkliches Zuhören erfordert präsente   wahrzunehmen. Wer diesen Moment   Verschränkte Arme oder ein abgewand-
        Wahrnehmung: Blickkontakt, Kör-     aushält, ohne ihn hastig zu überbrücken,   ter Blick schaffen Distanz. Eine offene,
        persprache, Tonfall und selbst kleinste   zeigt echtes Interesse und gibt dem   leicht nach vorn geneigte Körperhaltung
        Signale spielen eine Rolle.         Gegenüber die Möglichkeit, noch etwas   zeigt Interesse.
                                            hinzuzufügen. Manchmal sind es genau
        Doch auch unbewusste Gewohnheiten   diese ruhigen Augenblicke, in denen das   Nicht ins Wort fallen
        können Gespräche stören. Ein unge-  Wichtigste gesagt wird.             Statt die eigene Antwort vorzubereiten,
        duldiges Tippen mit den Fingern, der                                    bewusst zuhören und eine kurze Pause
        rasche Blick aufs Handy oder eine   Schwierige Gespräche meistern       lassen. So fühlt sich das Gegenüber
        abwesende Miene senden subtile Bot-                                     wirklich gehört.
        schaften, die das Gespräch beeinflussen.   Manchmal ist Zuhören eine echte Her-
        Wir nehmen intuitiv wahr, ob unser   ausforderung – etwa bei Konflikten oder   Interesse zeigen
        Gegenüber wirklich bei uns ist.     emotional aufgeladenen Themen. Hier   Ein Nicken, ein „Aha“ oder „Verstehe“
                                            hilft es, bewusst innezuhalten, tief durch-  signalisiert Aufmerksamkeit und ermu-
        Zuhören in der digitalen Welt       zuatmen und den anderen ausreden zu   tigt zum Weitererzählen.
                                            lassen, ohne sofort zu reagieren. Falls
        Auch digitale Gespräche brauchen echtes   nötig, kann man eine kurze Pause ein-  Das Gesagte aufgreifen
        Zuhören. In Video-Calls oder Sprach-  legen oder nachfragen: „Wie hast du das   Ein einfaches „Also du meinst, dass ...?“
        nachrichten fehlen oft Mimik und Ges-  genau gemeint?“ So bleibt das Gespräch   oder „Wenn ich dich richtig verstehe ...?“
        tik – Missverständnisse entstehen leich-  respektvoll und offen – selbst wenn die   hilft, Missverständnisse zu vermeiden.
        ter. Hier sind kleine Signale besonders   Meinungen unterschiedlich sind.
        wichtig: bewusst nicken, kurze Bestäti-                                 Offene Fragen stellen
        gungen geben oder nachfragen, wenn   Zuhören ist auch Selbstfürsorge    Fragen wie „Wie war das für dich?“ oder
        etwas unklar ist. Statt nebenbei E-Mails                                „Was genau hat dich dabei bewegt?“
        zu checken, hilft es, sich wirklich auf das   Gutes Zuhören bedeutet, für andere da   vertiefen das Gespräch und zeigen echtes
        Gespräch zu konzentrieren. Denn auch   zu sein – aber auch, auf sich selbst zu   Interesse.
        durch den Bildschirm spürt man, ob   achten. Manche Gespräche sind emoti-
        jemand mit vollem Herzen dabei ist.  onal fordernd, besonders wenn es um   Mehr wahrnehmen als Worte
                                            schwierige Themen geht. Wer sich nur   Körpersprache verrät oft mehr als das
        Geduld und innere Ruhe – die        auf das Gegenüber konzentriert und die   Gesagte. Wer darauf achtet, versteht sein
        Grundlage echten Zuhörens           eigenen Grenzen nicht beachtet, kann   Gegenüber besser.
                                            schnell erschöpft oder überfordert sein.
        Zuhören erfordert mehr als Interesse –                                  Geduld haben und einfach da sein
        es braucht Geduld und innere Ruhe. Das   Es ist wichtig, die eigene Energie im   Nicht immer braucht es eine Lösung
        bedeutet, dem anderen Zeit zu lassen,   Blick zu behalten. Nicht jedes Gespräch   oder einen Ratschlag. Manchmal reicht
        ohne zu unterbrechen oder vorschnell   muss sofort geführt werden. Manchmal   es, zuzuhören und den Moment bewusst
        zu reagieren. Gute Zuhörer fassen das   hilft es, bewusst eine Pause einzulegen   wahrzunehmen.
        Gehörte hin und wieder zusammen oder   oder klar zu kommunizieren: „Ich möch-
        geben es in eigenen Worten wieder. Das   te dir aufmerksam zuhören, aber gerade   Raum für Stille lassen
        zeigt Aufmerksamkeit und ermöglicht   brauche ich einen Moment für mich.   Manchmal braucht es Zeit, um Gedan-
        dem Gesprächspartner, Unklarheiten   Können wir später weitersprechen?“ Das   ken zu formulieren. Wer Stille aushält,
        zu präzisieren. So entsteht Vertrauen –   ist kein Zeichen von Desinteresse – im   gibt dem anderen die Möglichkeit, sich
        denn es geht nicht nur darum, Worte zu   Gegenteil. Nur wer selbst Kraft hat, kann   in Ruhe auszudrücken.
        hören, sondern den Menschen dahinter   auch wirklich präsent sein.
        wirklich zu verstehen.                                                  Nicht bewerten
                                            Zuhören ist eine Balance zwischen   Kommentare wie „Das ist doch nicht so
        Die Kraft der Stille – warum        Empathie und Selbstfürsorge. Wer    schlimm“ können das Gefühl vermitteln,
        Pausen im Gespräch wichtig sind     sich selbst mitfühlend behandelt, kann   nicht ernst genommen zu werden. Besser
                                            anderen mit der gleichen Offenheit   ist es, nachzufragen: „Was hat das in dir
        Zuhören heißt nicht, ein Gespräch stän-  begegnen.                      ausgelöst?“
        dig am Laufen zu halten. Oft entsteht
        der Druck, eine Pause sofort zu fül-  Richtig zuhören – so klappt’s
        len – mit einer schnellen Antwort, einer
        weiteren Frage oder einer eigenen Ge-  Wirklich da sein                 Ariane Ohlhoff, Ihre Expertin für indivi-
        schichte. Doch Stille hat eine wichtige   Handy weg, Blickkontakt halten, sich   duelles Coaching und maßgeschneiderte
        Funktion: Sie gibt Raum zum Nachden-  zuwenden – das zeigt: „Ich bin bei dir.“   Schulungen in der Region Oldenburg &
        ken und lässt das Gesagte wirken.   Wer abschweift oder auf die Uhr schaut,   Bremen
        Gerade in tiefgehenden Gesprächen   lässt sein Gegenüber spüren: „Du bist
        kann eine kurze Pause helfen, Gedan-  gerade nicht wichtig.“            www.coaching-ohlhoff.de


                                                                                                   familienmagazin | Frühjahr 2025  33
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