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FAMILIENMAGAZIN OLDENBURG 5 | 2019/2020
© Watt Welten
Es war einmal …
© Katja Brandt
© Katja Brandt
... Waldemar, die Geschichte eines deutschen Hummers
erade zu Weihnachten verspeisen viele Gour- Frühmorgens geht es auf zum Hummerfang, wenn
mets Hummer (Homarus gammarus). Der echte die Sonne an den roten Klippen zu sehen ist. Un-
GHummer wird teuer gehandelt und ebenso kost- gefährlich ist das nicht! Bis aus ca. 20 Metern
spielig in Restaurants verspeist. So hat diese Delika- Tiefe wird der Fang mit Käfigkörben hochgeholt.
tesse, die eine weite Reise hinter sich hat, ihren Preis. Ein Boot hat über 80 Körbe an Bord! Schnell muss al-
les gehen: Die Hummer werden rasch von hinten ge-
Einige dieser Hummer kommen aus Helgoland. In packt, die großen breiten Scheren mit Kabelbindern
Deutschland werden Hummer nur dort gefangen. zusammengebunden und ab geht es in die Verkaufs-
Der Helgoländer Hummer war bis in die 1940er- kiste. Viel mehr als Hummer werden heute jedoch
Jahre für die Insel von großer wirtschaftlicher und Taschenkrebse (Cancer pagurus) gefangen. Diese klei-
auch ökologischer Bedeutung. An die 80.000 Tiere neren Verwandten haben sich anstelle des Hummers
holten die Fischer jährlich aus dem Meer, bei einem stark vermehrt und ihren Lebensraum erobert. Die
Bestand von geschätzt mehr als einer Million Exem- Taschenkrebse, die mitgefangen werden, werden an
plare. Nach dem Zweiten Weltkrieg brach die Hum- Deck getötet, die Scheren, die als Delikatesse („Knie-
merpopulation auf Helgoland jedoch dramatisch per“) gelten, werden abgetrennt, der Rest wandert
zusammen. In den 1960er-Jahren wurden nur noch als Fischfutter wieder zurück ins Meer. Wenig Hum-
ca. 5.000 Tiere gefangen, seit 1980 bis heute sind mer – viel Knieper, so ist die Ausbeute eines Fangs.
es jährlich nur noch wenige Hundert. Die Gründe für
den starken Rückgang sind bislang nicht abschlie- Wer mal einen echten Hummer in seiner gan-
ßend geklärt, jedoch haben Überfischung, Zerstö- zen Pracht sehen möchte, findet ein besonderes
rung des Lebensraums und die Verschmutzung der Exemplar im Watt Welten Besucherzentrum auf
Nordsee durch die Ölplattformen, Chemikalien und Norderney. Dort lebt Waldemar, zufrieden und
dergleichen dazu geführt. Trotz Schutzmaßnahmen zurückgezogen. Gern könnt ihr auch die öffentliche
und einem Hummer-Zucht-Programm auf Helgoland Fütterung besuchen – jeden Freitag um 11 Uhr. Er
konnte sich der Bestand bis heute nicht erholen. So kennt die Zeit schon. Er kommt aus seinem Ver-
ist der Bestand dieser Krebstiere akut gefährdet. steck mit seinen riesigen Scheren, um die Beute
zu verschlingen. Interessant, wie er mit seinen
Mundwerkzeugen das Futter zerkleinert …
Auch Taschenkrebse und andere Bewohner der Nord-
see und des Wattenmeeres sind in den Watt Welten zu
bestaunen. Manchmal muss man ganz genau hinsehen,
© Katja Brandt
denn viele Wattenmeer-Tiere sind sehr gut getarnt.
Wenn es bald keine Helgoländer Hummer mehr
gibt, – weil sie alle gierig verspeist wurden, gibt
es noch Waldemar! Waldemar ist ca. 20 Jahre
alt und kann noch bis zu 80 Jahre alt werden.
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