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ZeitGeschichte
150 Jahre Jeans © iStock.com/Lilechka75
Von der Goldmine
auf den Laufsteg
m 20. Mai 1873 wurde in San Francisco eine Baumwollstoff, wie er auch für Segel verwendet wurde,
Erfindung des deutschen Einwanderers Levi der aus der italienischen Stadt Genua in die USA
AStrauss und seines Geschäftspartners Jacob kam. Aus der französischen Form des Städtenamens
Davis zum Patent angemeldet: eine robuste, an den Ta- („Gênes“) entwickelte sich in Amerika die Aussprache
schen durch Nieten verstärkte Arbeitshose – die Jeans! „Jeans“.
Löb Strauss, wie er ursprünglich hieß, wurde 1829 Jacob Davis hatte 1872 die Idee, die Ecken der Hosenta-
in der Nähe von Bamberg als Sohn eines jüdischen schen mit Kupfernieten zu verstärken. Zu oft waren sie
Handelsvertreters geboren. Nach dem frühen Tod des wegen der Angewohnheit ihrer Träger, alle möglichen
Vaters geriet die Familie in große wirtschaftliche Not. Dinge in ihnen zu verstauen, ausgerissen. Patentiert
Deshalb wanderte seine Mutter Rebecca mit ihm und wurde die neuartige Arbeitshose dann am 20. Mai 1873.
zwei Schwestern 1847 in die USA aus. Die beiden älteren Da Davis die Patentgebühren nicht alleine aufbringen
Söhne waren bereits früher dorthin emigriert und hatten konnte, tat er sich mit Strauss zusammen.
sich in New York einen kleinen Textilhandel aufgebaut.
Strauss nannte sich fortan Levi, arbeitete im Geschäft Bald wurde das braune Segeltuch durch den mit Indigo
der Brüder mit und wurde amerikanischer Staatsbürger. blau gefärbten Baumwollstoff „Denim“ abgelöst. Der
Name leitet sich von der Herkunftsbezeichnung des
Die Nachricht von Goldfunden verbreitete sich 1848 Stoffs („De Nimes“ – aus der französischen Stadt
ausgehend von der amerikanischen Westküste wie ein Nimes) ab. Die Jeanshosen wurden nun auch mit den
Lauffeuer über das ganze Land und erreichte auch die charakteristischen orangefarbenen Nähten verstärkt
Westküste. Viele Männer verließen Hals über Kopf und verziert, von der ursprünglichen Leinen- wurde
Arbeitsstelle und Familie und suchten ihr Glück als auf die noch stabilere Köperbindung gewechselt, die bis
Goldgräber. Zwischen Januar 1848 und Dezember 1849 heute Standard für die meisten Denimstoffe wurde.
wuchs infolgedessen die kleine Siedlung San Francisco
von 1.000 auf 25.000 Einwohner an. 1853 folgten auch Um 1920 kam der Begriff „Blue Jeans“ (durch die blaue
die Strauss-Brüder dem Gold Rush und zogen in die Indigofärbung) auf. Die Jeans wandelten sich von der
Boomtown San Francisco. Levis Schwager, sein Bruder reinen Arbeitshose zunehmend zur beliebten Freizeit-
Louis und er gründeten dort einen Handel für die bekleidung. Mit dem nach der Weltwirtschaftskrise
Goldsucher. Ihr ursprüngliches Sortiment mit Stoffen aufkommenden Wohlstand in den Städten an der Ost-
und Kurzwaren erweiterten sie geschäftstüchtig um küste der USA wurden Cowboyferien auf den „Dude
Ausgehkleidung und Dinge des täglichen Bedarfs wie Ranches“ im Westen Mode, reiche Städter trugen dabei
Zahnbürsten, Hosenträger und Knöpfe. Jeans und Cowboyaccessoires. In den 1930er-Jahren
verabschiedete man sich von den Hosenträgern, die
Die Strauss-Brüder verkauften ihre Waren nicht nur in Jeans bekamen nun Gürtelschlaufen.
ihrem Geschäft, sondern aufgrund der dort gezahlten
höheren Preise auch bei den Goldgräbern vor Ort auf Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten amerikanische
ihren Claims. Levi fand dort schnell heraus, dass die Soldaten die Hosen nach Europa, über den Verkauf in
Männer bei ihrer harten Arbeit sehr strapazierfähige Army Surplus-Läden erreichten sie auch in Deutsch-
Hosen benötigten. Beliebt waren Hosen aus grobem land meist jugendliche Käufer.
12 familienmagazin | Sommer 2023