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FAM: Wie möchte der Ernährungsrat FAM: Welche Projekte gibt es in Olden-
seine Ziele erreichen? burg für Ernährungsbildung?
Judith Busch (rechts im Bild) Judith Busch: Wir verfolgen verschiedene Judith Busch: Ein Projekt, das wir bereits
unterstützt als Koordinatorin Wege, um unseren Zielen näherzukom- seit mehreren Jahren umsetzen, nennt
die Arbeit des Ernährungsrats men. Der eine Weg geht über Projekte zur sich Schnippeldisko. Wir sammeln in
Oldenburg Ernährungsbildung. Wir thematisieren Kooperation mit Foodsharing Lebensmit-
die Folgen unseres Landwirtschafts- und tel von Supermärkten und Märkten ein,
Ernährungssystems in der Öffentlichkeit, die für die Mülltonne bestimmt sind, aber
vermitteln die komplexen Zusammen- eigentlich noch genießbar wären. Dann la-
Neben den drei Schlagwörtern regional, hänge über verschiedene Formate und den wir öffentlich ein, um gemeinsam die
ökologisch und sozial gerecht spielen na- zeigen gleichzeitig einfache Handlungs- geretteten Lebensmittel zu schnippeln und
türlich weitere Ziele, wie die Reduzierung möglichkeiten und Lösungsansätze auf. leckere Gerichte zuzubereiten, die dann
der Lebensmittelverschwendung und von Wir organisieren etwa Hofbesuche, um gemeinsam gegessen werden. Dazu gibt
Verpackungsmüll, eine wichtige Rolle bei das gegenseitige Verständnis zwischen es Live-Musik und ein buntes Rahmen-
unserer Arbeit. Erzeuger*innen und Verbraucher*innen programm. Es ist immer ein tolles Fest
zu stärken. Wir bieten auch diverse und gleichzeitig eine Protestaktion gegen
FAM: Warum brauchen wir überhaupt Bildungsprojekte, insbesondere für Kitas Lebensmittelverschwendung.
eine Veränderung bei unserer Ernährung und Schulen, an. Dazu gehören der Anbau
und der Landwirtschaft? Wo liegt denn von Gemüse und Kräutern in Gartenpro- Ein weiteres Projekt, das wir in diesem
das Problem? jekten genauso wie Kochworkshops zur Jahr gemeinsam mit der ALSO, dem ÖZO
praktischen Vermittlung von einfachen, und JANUN starten, ist eine Veranstal-
Judith Busch: Die Art und Weise, wie wir leckeren und nachhaltigen Rezepten. tungsreihe zum Thema Ernährungsarmut.
Lebensmittel produzieren und konsumie- Wir organisieren in verschiedenen Forma-
ren, belastet leider massiv unser Klima Der zweite Weg adressiert die Politik und ten die Möglichkeit, über unterschiedliche
und die Umwelt. Laut Weltklimarat ist Verwaltung in Oldenburg und Umgebung. Aspekte von Ernährungsarmut ins Ge-
unser Ernährungssystem für 21–37 % Uns ist immer wichtig zu betonen, dass spräch zu kommen. Was bedeutet eigent-
der weltweiten Treibhausgasemissionen man die Verantwortung für eine not- lich Ernährungsarmut? Inwieweit ist das
verantwortlich. Zusätzlich ist die Land- wendige Ernährungswende nicht auf die ein Thema in Deutschland? Welche Folgen
wirtschaft mitverantwortlich für Wasser- Verbraucher*innen abwälzen darf. Wir hat Ernährungsarmut? Wie schaffen wir
verschmutzung, den Verlust von Boden- führen Gespräche mit Politik und Ver- faire Preise – für Erzeuger*innen genauso
fruchtbarkeit und das Artensterben. Die waltung, in denen wir Lösungsansätze auf- für Verbraucher*innen? Wir werden uns
Intensivtierhaltung führt zu Tierleid und zeigen, die die Stadt umsetzen könnte, um diesen und weiteren Fragen widmen, um
ist eine zentrale Ursache für das Aussto- die Voraussetzungen für eine nachhaltige das Thema stärker in die öffentliche Wahr-
ßen klimaschädlicher Gase im Landwirt- Verpflegung der Menschen in Oldenburg nehmung zu rücken. Die Termine sowie
schafts- und Ernährungssektor. zu schaffen. auch Termine zu anderen Projekten sind
auf unserer Homepage abrufbar:
Doch nicht nur unsere Umwelt leidet. So haben wir zum Beispiel in einer Ar- https://ernaehrungsrat-oldenburg.de
Die Art und Weise, wie wir uns ernäh- beitsgruppe der Stadt daran mitgewirkt,
ren, schadet auch unserer Gesundheit. dass es nun ein Rahmenkonzept für alle
Übergewicht sowie die Zunahme ernäh- städtischen Schulen gibt, das schrittweise
rungsbedingter Krankheiten, wie Herz- die Schulcaterer
Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes, verpflichtet, mehr
prägen unsere Gesellschaft. Bio-Produkte ein-
zusetzen und die
Und nicht zuletzt baut unser Ernährungs- Menge an Fleisch
system auf sozialer Ausbeutung auf. Es ist zu reduzieren.
kein Geheimnis, dass schlechte Arbeits-
bedingungen auf Plantagen, Menschen-
rechtsverletzungen, Kinderarbeit und
zu geringe Löhne große Teile unseres
globalen Ernährungssystems prägen. „Schnippel-
disko“
familienmagazin | Frühjahr 2024 31