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Familie und Soziales




       Der Teufelskreis der Armut –




       Familie als Armutsrisiko?
















                                                              Die sich immer weiter öffnende
                                                              Schere der Ungleichheit



                                                           © iStock.com/Denis Novikov




           amilie ist ein Armutsrisiko in   ihre Existenzgrundlage bedrohen. Die   Aber nicht nur Alleinerziehende sind
           unserer Gesellschaft. Insbesondere,   Gründe dafür sind vielfältig und reichen   betroffen. Auch Familien mit beiden
      Fwenn mehrere Kinder im Haushalt      von stagnierenden Löhnen auf Min-   Elternteilen, die hart arbeiten, sto-
       leben, oder es sich um Ein-Eltern-Fami-  destlohnniveau über prekäre Beschäfti-  ßen auf finanzielle Hürden. Die stark
       lien handelt. Und immer mehr Familien   gungsverhältnisse bis zu unzureichenden   gestiegenen Preise für Lebensmittel und
       sind trotz Erwerbsarbeit von Sozialleis-  sozialen Sicherheitsnetzen. Alleinerzie-  Kraftstoff, die steigenden Kosten für
       tungen abhängig. Dass diese deutschland-  hende Mütter und Väter, oft gezwungen,   Wohnraum und Gesundheitsversorgung
       weite Entwicklung auch in Oldenburg   zwischen Berufstätigkeit und der Pflege   verschärfen diese Problematik zusätz-
       besorgniserregende Realität geworden   ihrer Kinder zu jonglieren, stehen vor   lich. Und auch Bildung ist nach wie vor
       ist, macht der im April veröffentlichte   besonders schweren Belastungen. Trotz   teuer in unserem Land.
       Armutsbericht der Stadt Oldenburg deut-  ihres Einsatzes sind sie häufig nicht in der
       lich. Hiernach liegt die Armutsgefähr-  Lage, ihren Familien ein ausreichendes   In Oldenburg ist laut Armutsbericht
       dungsquote in Oldenburg bei 17,7 Prozent   Einkommen zu sichern.         davon auszugehen, dass über 7.000 Kin-
       und damit etwa ein Prozent über dem                                      der unter 18 Jahren in einer materiellen
       Bundesdurchschnitt.                  In Oldenburg gibt es 3.951 Haushalte   Armutslage aufwachsen. Und hier ist
                                            mit einem alleinerziehenden Elternteil,   die verdeckte Armut, also dort, wo etwa
       Immer mehr Familien sind trotz harter   37,8 Prozent dieser Haushalte sind auf   Sozialleistungen nicht in Anspruch
       Arbeit und Bemühungen mit finanziel-  (aufstockendes) Bürgergeld angewiesen.   genommen werden, noch nicht mitge-
       len Herausforderungen konfrontiert, die   Eine erschreckend hohe Zahl.   rechnet.


            Fallbeispiel:



               Marina und Klaus leben mit ihren zwei Kindern Paul (4) und Johanna (1,5) in einer Vierzimmerwohnung
               in Oldenburg. Da es für Johanna noch keinen Krippenplatz gibt, arbeitet Marina derzeit auf Minijob-Basis
               am Wochenende in der Gastronomie, Klaus arbeitet in einem Betrieb in der fleischverarbeitenden Indus-
               trie, seit kurzem erhält er statt Mindestlohn 13,50 € pro Stunde. Inklusive Kindergeld verfügt die Familie
               über 2.421,00 € monatlich. Für Miete und Energie werden monatlich ca. 1.000 € fällig.
               Da Klaus ziemlich weit zu seiner Arbeit fahren muss und aufgrund des Schichtdienstes auf das Auto
               angewiesen ist, belaufen sich die Ausgaben für die Mobilität insgesamt auf 390 € pro Monat. 600 € gehen
               ungefähr für Lebensmittel und Hygieneartikel weg. Versicherungsbeiträge, Essensgeld in der Kita, Be-
               kleidung und auch mal ein Weihnachtsgeschenk für die Kinder – da ist kein Geld für Rücklagen. Als die
               Waschmaschine kaputtgeht, muss Marina sich bei ihrer Mutter Geld leihen. Nicht auszudenken, wenn der
               12 Jahre alte Pkw mal nicht mehr fahren kann.




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