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Soziales
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Gefangen
iSnCdHerULDENFALLE
„… es gibt immer einen Ausweg!“
Interview mit Dorothee Rensen, Schuldnerberatung
im Paritätischen Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V., Kreisverband Oldenburg-Ammerland
FAM: Frau Rensen, welche Tätig- duell gemeinsam beschreiten können. FAM: Wie alt sind die Schuldner
keitsbereiche umfasst die Schuld- Jeder kann in die Schuldenfalle gera- im Durchschnitt?
nerberatung? Gibt es Regelabläufe? ten, aber Schuldenkreisläufe lassen Dorothee Rensen: Die Zahl der Verbrau-
Dorothee Rensen: Die Beratung umfasst sich unterbrechen! cherinsolvenzen ist in diesem Jahr um
die Schuldnerberatung, die Insolvenz FAM: Welche Menschen mit 5 Prozent gesunken. Damit hat sich
beratung und die Präventionsarbeit. welchen Problemstellungen aber nicht die Zahl der Ratsuchenden
Wenn sich jemand mit einer Über- wenden sich an Sie? reduziert, sondern es hat eine Ver-
schuldung, die ja nicht gleichzusetzen Dorothee Rensen: Bei einem Großteil schiebung in die soziale Schuldnerbe-
ist mit einer Verschuldung, an uns der Ratsuchenden sind Lebensschick- ratung stattgefunden. Unter anderem
wendet, schaffen wir zunächst einmal sale Hintergrund für die finanzielle aufgrund der veränderten Arbeits-
Übersicht. Wir listen die Schulden und Notlage, etwa Krankheit, Arbeits- marktlage kann derzeit in mehr Fällen
deren Verteilung bei den Gläubigern platzverlust, Scheidung, gescheiterte eine Schuldenregulierung außerhalb
auf, erstellen eine Einnahmen-Ausga- Selbständigkeit etc. Einen anderen des Insolvenzverfahrens stattfinden.
ben-Liste und einen Haushaltsplan, Schwerpunkt bildet ein dem Einkom- Doch die Zahl der jungen Schuldner
machen uns ein Bild von möglichen men unangemessenes Konsumverhal- steigt. Knapp 60 Prozent der Menschen,
Spielräumen für die Schuldentilgung ten, z. B. durch viele Kartenzahlungen, die sich gegenwärtig an uns wenden,
und holen dafür bei Unübersichtlich- kleinere Ratenverträge und Handyan- sind zwischen 21 und 40 Jahre alt.
keit ggf. konkrete Auskünfte ein bei schaffungen. Die meisten Ratsuchen- Bezogen auf die Altersstruktur be-
Inkassobüros, Gerichtsvollziehern, den kommen leider auch erst, wenn obachten wir, dass gerade junge
Schufa etc. Dann schauen wir nach bereits eine Kontenpfändung vorliegt, Erwachsene, die im Elternhaus fi-
möglichen Auswegen, z. B. durch wenn sich Mahnschreiben ungeöff- nanziell alles ermöglicht bekommen
Unterstützung aus dem Familien- oder net stapeln, wenn die Situation also haben, nach dem Auszug von zuhause
Bekanntenkreis, durch einsetzbare schon ganz extrem ist, und wenn sie in die Schuldenfalle tappen, weil sie
Vermögenswerte, durch sehr klei- selbst überhaupt nicht mehr weiter- nie gelernt haben, zu wirtschaften,
ne Raten, Vergleiche, Teilnachlässe, wissen. Der bessere Weg, den leider auch mal auf etwas zu verzichten
Schuldfestschreibungen u. Ä. sowie nur wenige gehen, wäre, sich bereits oder für die Erfüllung eines Wun-
eine entsprechende Kommunikation an uns zu wenden, wenn man merkt, sches Geld anzusparen. Die finanzielle
mit den Gläubigern. Es gibt viele ver- dass die Luft finanziell eng wird. Realität und die Ansprüche klaffen
schiedene Wege, die wir ganz indivi- hier oft deutlich auseinander.
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