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Familie und Soziales




           Freizeit – Stress oder



           Entspannung?
























                 ennen Sie das noch, dieses Gefühl der Lange-
                 weile, scheinbar unendlich langer Nachmit-
          Ktage, an denen Sie nichts tun mussten, nichts
           zu tun war? Aus der Kindheit kennen Sie solche Tage
           bestimmt. Einfach nur rumhängen, Löcher in die
           Luft starren, vor sich hinschaukeln, flanieren. Heute
           können das nur noch wenige, einfach mal nichts
           tun. Ein Stück weit haben wir es verlernt. Wir sind
           ständig online, immer das Handy in der Hand oder
           den Kopfhörer im Ohr. Wir stehen auf Abruf und
           wir beschäftigen uns ständig mit etwas. Wir sind voll
           durchgetaktet, selbst in unserer Freizeit. Das gilt für   Kinder und Jugendliche leiden
           uns Erwachsene, aber inzwischen auch schon für     unter Freizeitstress
           Kinder und Jugendliche.
                                                              Auch bei Kindern und Jugendlichen ist die Stressbe-
           Immer online, immer in Aktion                      lastung in der Freizeit häufig sehr hoch. Die frei ver-
                                                              fügbare Zeit wird immer knapper. Nach der Schule
           Freizeit bedeutet Zeit, die man sich frei einteilen und   müssen Hausaufgaben erledigt werden, manchmal
     © iStock.com/Eleonora Grigorjeva  Freude bereitet und wir nicht tun müssen, bedeu-  sich die „außerschulischen Aktivitäten“ wie Fußball-
           gestalten kann. Alles, was wir freiwillig tun, was uns
                                                              gefolgt von Nachhilfe. Die verbleibende Zeit teilen
                                                              training, Ballettstunde, Klavierunterricht etc. Natür-
           tet für uns Freizeit. Das kann bei jedem und jeder
           anders aussehen. Sie sollte ein Gegengewicht zur
                                                              lich haben Eltern nur Bestes im Sinn, wenn sie ihre
           Arbeit darstellen, einen Zeitraum, in dem wir uns
                                                              Kinder zum Sport anmelden oder Talente fördern.
           erholen und abschalten, wieder zu Kräften kommen
                                                              Aktivitäten hervorragend, um Balance und Ent-
           und regenerieren. Und das scheint immer mehr ein   Grundsätzlich eignen sich kreative und sportliche
           Widerspruch zu sein.                               spannung in den Schulalltag zu bringen; sofern die
                                                              Kinder mit Freude dabei sind. Körperlicher und
           Laut einer Umfrage empfinden viele Menschen auch   geistiger Ausgleich und Bewegung setzen ein gutes
           während ihrer Freizeit Druck und Stress. Denn wir   Gegengewicht zum anstrengenden Schultag.
           neigen dazu, selbst unsere frei verfügbare Zeit mit
           Terminen und Aktivitäten zu überfrachten. Die Angst,   Häufig geht jedoch mit der Freizeitgestaltung Hektik
           etwas zu verpassen, führt dazu, dass wir häufig Dinge   und weiterer Zeitdruck einher. Pünktlich am anderen
           tun, die uns eigentlich stressen, statt uns zu entspan-  Ende der Stadt zum Schwimmtraining zu sein, regel-
           nen. Und unsere Verhaltensmuster stehen der Ent-   mäßig Geige geübt zu haben oder die Leistungen am
           spannung auch nicht selten im Weg: Wie oft passiert   Wettkampftag abrufen zu können, kann Druck und
           es, dass wir unsere freie Zeit einfach „verdaddeln“, am   Stress bedeuten. Zum einen übertragen wir Eltern
           Handy rumhängen, online Rechnungen begleichen,     unsere eigene Anspannung auf die Kinder, wenn sie
           Mails checken ... und erst im Nachhinein merken, dass   spüren, vor welche organisatorischen Herausforde-
           wir unsere Freizeit gar nicht bewusst genossen haben.   rungen uns die Stundenpläne stellen. Zum anderen
           Ein Erholungseffekt stellt sich kaum ein.          geraten die Kinder selbst in einen Stresszustand.


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