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den Boden durchwurzelnden Bäume nicht nur Boden ist. Je saurer, desto weniger Baumarten
Flachwurzler, können die Wälder besser über kommen vor. Sehr viele Geestböden im Nord-
immer heißere Sommer kommen. Winterli- westen und in der Heide sind bereits durch die
ches Überschusswasser wird an das Grund- frühere jahrhundertelange Heidenutzung stark
wasser abgegeben. Die hiesigen Sandböden versauert. Leider verstärken die vielen Nadel-
sind eher schlechte Wasserspeicher, aber gute baumwälder die Versauerung (Podsolierung).
Trinkwasserlieferanten, wie die vielen Wasser- Noch ein Grund für mehr Laubbäume. Der
werke in der Geest zeigen. Wald mit mehr Eintrag von Säuren (Stickstoff) über die Luft,
Laubbäumen liefert mehr Grundwasser. Noch kann durch Waldkalkung abgepuffert werden,
ein Grund für vermehrten Waldumbau. und das freut auch die Bodenlebewesen.
Lebendiger Waldboden als Wo bleibt der Humus?
Dauerbaustelle?
Bis Ende dieses Jahres läuft aktuell auf fast
Je nachdem, wie man zählt, leben in einer zweitausend Messpunkten die dritte Waldbo-
Handvoll Waldboden mehr Lebewesen als denzustandserhebung. Dann gibt es bundes-
Menschen auf der Erde. „Er ist eine Dauer- weit Vergleiche über dreißig Jahre. Schon jetzt
baustelle, auf der rund um die Uhr Material konstatieren der NABU und das Landesamt
abgebaut, umgebaut und Neues geschaffen für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
wird. Der Waldboden ist zudem mit seinem NRW eine Abnahme der Humusauflagen in
Reservoir von Nährstoffen und Wasser ein den Waldböden. Für den NABU ist das eine
Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie ein Folge menschlicher (Über-)Nutzung. Wenn
Filter und Puffer für zahlreiche Substanzen.“ dem so ist, dann verschlechtert sich damit die
So schildert es ein Merkblatt aus der Schweiz. CO₂-Speicherung im Waldboden.
2021 führte man in Baden-Württemberg ein
Waldbodenmonitoring durch und erfasste da- Wo bleibt die Forschung?
bei an hundert Stellen Regenwürmer, Laufkä-
fer, Hornmilben und Springschwänze. Die für „Wir brauchen mehr Fachwissen über die
intakten Waldboden so wichtigen Regenwür- Böden!“ So wird der Präsident der Dt. Bo-
mer kamen im Vergleich zum Nadelwald im denkundlichen Gesellschaft aus seiner Lau-
Mischwald doppelt und im Laubwald dreimal datio zum diesjährigen Boden des Jahres
so häufig vor. Besonders Mischwälder seien zitiert. Wohl wahr – im dunklen Waldboden
Hotspots der Bodentiervielfalt, so die Forst- zu forschen, ist ein sehr kompliziertes und
wissenschaftlerinnen. aufwendiges Unterfangen. Bislang haben sich
die Bodenkundler wenig um den lebendigen
Unterirdischer Wald? Boden gekümmert. Die Menge dort werkelnder
Lebewesen zu verstehen, gibt noch viel Arbeit
Der Wald, den wir sehen, ist auch und gerade auf. Auch die aktuelle Erhebung erfasst Boden-
das Ergebnis eines intensiven Zusammenspiels leben nur indirekt über den Humusgehalt. Das
der Baumwurzeln, die den Boden im Ideal- beschriebene Artenmonitoring aus Baden-
fall von flach bis tief erschließen und dabei Württemberg zeigt, dass es auch anders geht.
komplexe und kaum erforschte Symbiosen
mit Mykorrhiza-Pilzen eingehen. Klar, dass Ohne Boden?
auch die Waldbäume von reichem Bodenleben
profitieren. Ohne Boden keine Pflanzen und kein Wald.
Und ohne Pflanzen und Wald kein Leben auf
Sauer macht lustig? der Erde. Daher lohnt es sich, etwas tiefer ins
Thema einzusteigen: Boden-des-Jahres.de gibt
Welche Bäume wie wachsen, hängt nicht nur einen guten Überblick, vernachlässigt aber den
von den Nährstoffen und dem Wasser ab. Je „lebendigen Bodens“. Diesen wiederum zeigt
saurer ein Waldboden, desto schlechter sind die Schweizer Waldforschungsanstalt in „Der
Nährstoffe verfügbar. Sie Waldboden lebt“ – eine tolle Übersicht mit gu-
werden ausgewaschen und ten Abbildungen. Zu finden bei waldwissen.net.
toxische Aluminium-Ionen
werden wurzelverfügbar. Der
sogenannte pH-Wert zeigt, Rainer Städing, Forstingenieur i.R.
wie sauer oder basisch ein rstaeding@mailbox.org
Bodeneinschlag mit Forststudenten:
Welcher Boden für welche Bäume
familienmagazin | Frühjahr 2024 11